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Großer Dorfbrand in Mitterolang
Es ist Hochsommer im "schmucken Dörflein Mitterolang", wie der Ort in einem zeitgenös-sischen Zeitungsbericht im "Pustertaler Poten" gennant wird. Seit Tagen lastet eine brütende Hitze mit großer Trockenheit über der ganzen Gegend. Die meisten Bauersleute sind an diesem Mittwoch, dem 20.07.1904, im Walde oder bei der Heumahd auf den Bergwiesen. Um die Mittagszeit kommen ein paar fünf- bis sechsjährige Kinder auf eine verhängnisvolle Idee: Mitten im Dorf, am Scheunentor beim Krämer unterhalb der Kirche, wollen sie mit mitgebrachten Zündhölzern spielen, und bald haben sie ihre helle Freude am lustigen Feuerchen, das sie entfacht haben. Als sie es aber wieder löschen wollen, ist es bereits zu spät. Das Feuerchen hat sich zu einer gefährlichen Flamme entwickelt und greift im Nu auf das Gebäude über.
Sogleich wird Sturm geläutet, die ersten helfenden Hände sind sofort zur Stelle, auch die Nachbarfeuerwehren eilen schnell herbei. Aber das Löschen wird äußerst schwierig: das Feuer hat sofort auf die nächsten Nachbargebäude übergegriffen, die Häuser des Dorfes stehen hier alle sehr nahe beisammen, sie sind - besonders die meist an die Wohnhäuser angebauten Scheunen - mit sehr viel Holz gebaut, das von der großen Hitze der letzten Tage ganz ausgetrocknet ist. Viele Leute, besonders die Männer, sind nicht zu Hause und auch nicht nahe am Dorf. So kann aus vielen Häusern gar nichts gerettet werden. Und was für die Löscharbeiten am schlimmsten ist: es ist viel zu wenig Wasser vorhanden, das einzige Bassin, das für solche Zwecke bereitsteht, ist bald leergepumpt. So breitet sich das Feuer mit Windeseile und unaufhaltsam auf das ganze Dorf aus.
Die Oberolanger Feuerwehr, die im Verein mit den anderen in fieberhaften Einsatz steht, muß nach einer Weile sogar abberufen werden. Es hat sich nähmlich ein derart starker Funkenflug entwickelt, daß bei dem herrschenden Westwind auch Oberolang in Gefahr geraten ist. Es ist Meldung gekommen, daß beim Stübilerhaus bereits die "Schabe" Feuer gefangen haben. So müssen die Oberolanger abrücken, aber als um 17.00 Uhr die Gefahr für ihr eigenes Dorf gebannt ist, kehren sie wieder nach Mitterolang zurück, wo sie zwei Tage ausharren und manche soger bis zum Sonntag bei den Aufräumungsarbeiten mithelfen.
Unterdessen sind am Brandplatz in größter Eile auch viele andere Helfer eingetroffen, in erster Linie die Feuerwehren von Niederolang, Bruneck, St. Lorenzen, Stegen, Dietenheim, Welsberg, Taisten, Niederdorf und Toblach - teilweise sind sie sogar mit der Eisenbahn angekommen. Durch Mitterolang fließt kein Bach wie durch die Nachbarfraktionen, so müssen Schlauchleitungen von vielen Hundert Metern gelegt werden. Zwei Kompanien Kaiserjäger aus der Brunecker Garnison werden abwechselnd herbeordert, und auch viele Zivilpersonen und sogar Sommergäste aus den Nachbargemeinden versuchen nach Kräften zu helfen.
Trotzdem hat das Feuer furchtbar gewütet. Alles ist so schnell gegangen, daß die meisten Leute fast nichts aus den Häusern gerettet haben, manche gar nur die Kleider am eigenen Leibe. Mit Mühe und Not hat man das meiste Vieh aus den Ställern treiben können, einige Schweine und Hühner sind verbrannt..
Erst allmählich gelingt es, Bilanz zu ziehen: 31 Häuser samt Wirtschaftsgebäuden sind vollständig ausgebrannt, zerstört sind der Dachstuhl und das Turmgebälk der Kirche, die Turmglocken in schauderlicher Weise abgestürzt. Fast des ganze Dorf ist ein Trümmerhaufen, nur wenige Häuser am Ortsrand sind stehengebieben.
Im Beisein der Bezirkshauptmannschaft und des Bezirkskommissärs, Herrn von Szalay, wird in der Gemeinde Olang sofort ein "Lokal-Hilfswerk" mit folgenden Personen gebildet: Pfarrer Vinzenz Veit, Kooperator Anian Egger, Gemeindevorsteher Andrä Steurer, Altvorsteher Johann Unterberger (Nassenweger) und Gemeindeausschuß Peter Pörnbacher.
Überall in der Nachbarschaft entstehen schnell spontane Hilfsaktionen, aber das Unglück ist einfach zu groß, der Schaden wird auf damals 600.000 Kronen geschätzt. Davon zahlt später die Landesversicherungsanstalt nur 127.236 Kronen für Gebäude und 15.379 Kronen für "Mobilien".
So blieb doch der Wiederaufbau des Dorfes, durch den der Ortskern im wesentlichen das Aussehen bis in die 90er Jahre erhielt, zu einem großen Teil den armen Abbrändlern selbst überlassen.
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